Einleitung
In Deutschland versuchen sich Startups immer noch auf die klassische Weise zu finanzieren: Business Angel, Kapital von Friends & Family, viel Arbeit und Entbehrung oder durch das Bootstrappen des eigenen Unternehmens, in der Hoffnung, später ein „richtiges“ Investment einwerben zu können. Dabei stellen sich oft die Frage, wie man den Aufbau und die notwendigen Anfangsinvestitionen ermöglichen kann, denn beim Bootstrappen oder „Einfach einmal loslegen“ stehen viele Gründer, gerade im Medien- und/oder IT-Bereich vor einem gewissen Henne-Ei-Problem. Wirklicher Umsatz lässt sich nur mit Kunden erreichen, die die Produkte oder Dienstleistungen kaufen. Neukunden zu gewinnen, kostet jedoch viel Geld und damit Werbung für Neukunden und den Verkauf möglich ist oder Sinn ergibt, muss das Startup bereits aufgebaut sein, die Webseite/der Dienst fertiggestellt sein oder sogar die Produktion von zu verkaufendem Produkten vorfinanziert werden.
Dieses Henne-Ei-Problem ist oft schwer zu umgehen und führt dazu, dass Startups sehr langsam starten, keine wirklich Relevanz erlangen und die Ideen, Produkte oder Geschäftskonzepte im schlimmsten Fall noch von Konkurrenten „kopiert“ oder zu mindestens ähnlich umgesetzt werden.
Ein wenig Abhilfe haben dabei Portale wie Kickstarter geschaffen, die dabei unterstützen, Geld einzusammeln, ohne dass ein Produkt/Projekt bereits fertiggestellt wurde. Den Aufwand einer erfolgreichen Kickstarterkampagne (von reinem Glück einmal abgesehen) und die enorme Konkurrenzsituation werden von Startups jedoch oft unterschätzt.
Gerade Startups in der Medienbranche, wie Onlinedienste oder auch Esport-Teams haben es daher schwer, eine kritische Masse an Kunden, Umsätzen, Sponsoren bzw. eine kritische Reichweite zu erreichen, um ein Startup schnell aufbauen zu können. Startups tun sich daher oft schwer, das initiale Finanzpolster beispielsweise für Mitarbeitergehälter, Büro-, Reise- und sonstige Unkosten aufzubringen.
Es bleiben daher meist nur Investoren (oder mindestens Business Angel). Um diese zu überzeugen, muss man aber einen überzeugenden Businessplan erstellen, bei dem die betriebswirtschaftliche Komponente oft wichtiger ist als Details der Produkte oder Dienstleistungen. Während potenzielle Endkunden oft nur interessiert, ob ein Produkt interessant ist oder die Dienstleistung für sie einen Mehrwert bringt, wollen Investoren deutlich mehr wissen. Sie wollen über Risiken, das Team, die Konkurrenzsituation und vieles Weiteres eine Übersicht erlangen, um abschätzen zu können, ob das Risiko eines Verlustes des Investments überschaubar ist bzw. im Verhältnis zur Chance steht, mit dem Investment ein Gewinn zu erreichen.
Neben Crowdfinanzierungsplattformen und Crowd-Investmentplattformen (wie beispielsweise Seedmatch oder Crowddesk, Achtung ich empfehle hiermit keine spezielle Plattform!), die aber oft auch umfangreiche Businesspläne zur Bedingung machen, entwickeln sich in der IT- und Medienbranche daher gerade enorm die Möglichkeiten der Finanzierung direkt durch den Endkunden (oder durch sehr risikobewusste Anleger) im Bereich Krypto, Blockchain und Tokens.
Im Folgenden möchte ich daher einige Möglichkeiten, die ich auch juristisch begleitet habe oder gerade begleite, vorstellen. Einige davon sind echte Crowdfinanzierung, andere lassen sich eben als tokenisierte Genussrechte beschreiben und wieder andere sind Mischformen. Gemeinsam haben diese Optionen, dass viele Dinge juristisch noch ungeklärt sind. Das gilt sowohl für die steuerrechtlichen Implikationen, die Abgrenzung zu Finanzierungsmöglichkeiten, die eventuell von der Bafin genehmigt werden müssten, aber auch für urheberrechtlichen Problemfelder.
Eine juristische bzw. anwaltliche Beratung ist daher oft ratsam. Ich biete diese auf allen Stufen der Planung an.
Der aktuelle Stand
Bisher dominierten wie oben ausgeführt, klassische Investmentformen. Häufig wird ein Investor im Unternehmen neuer Gesellschafter, der dann ein wiederum Gesellschafterdarlehen zur Verfügung stellt oder Geldmittel als Agio zur Verfügung stellt. Auch stille Beteiligungen, wie diese im Handelsgesetzbuch geregelt sind, sind häufig anzutreffen. Eher selten sind bei Startups dagegen Unternehmensanleihen vertreten, die in den klassischen Wirtschaftsbereichen von Unternehmen immer noch recht häufig angeboten werden.
Noch sind tokenisierte Investmentmöglichkeiten eher seltener vertreten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Das fehlende Vertrauen in digitale Anlagemöglichkeiten, auch durch zahlreiche Betrugsfälle im Bereich von Initial Coin Offerings in den letzten Jahren, verstärkt, ist dabei sicherlich der wichtigste Grund. Dies ändert sich jedoch gerade und kann daher eine große Chance für junge Startups sein.
Tokenisierte Genussrechte
Gerade für Medien- und IT-Startups sind die digitalisierten Varianten bei Unternehmensfinanzierungen schon deswegen interessant, weil diese oft zur aktuell stattfindenden digitalen Transformation der Wirtschaft und somit erst recht zu einem modernen Medienstartup passen. Investmentmöglichkeiten auf Basis von Kryptotechnologie, Blockchain oder Smart Contracts sind Teil des “cultural shift” der heutigen Gesellschaft, der neue Geschäftsmöglichkeiten wie beispielsweise auch den Esport, Influencer oder Streamer hervorbringt und sicherlich auch weiter Geschäftsmodelle ermöglichen wird, wenn man innovativ und offen für Trends an die Planung des eigenen Ventures geht. Die Umsetzung von tokenisierten Genussrechten oder die Ausgabe und der Verkauf von NFT ist mit den zahlreichen neuen Dienstleistern inzwischen leichter umsetzbar, als dies noch vor einigen Jahren war. Die juristischen Hürden von AGB, Gestaltung und eventueller Genehmigung sind jedoch zu umschiffen.
Was aber ist eigentlich ein tokenisiertes Genussrecht? Genussrecht ist ein etwas antiquierter Rechtsbegriff für einen Vertragstypen, der seinem Besitzer typischerweise einen schuldrechtlichen Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung einräumt. Weil der Gesetzgeber die genaue Ausgestaltung von Genussrechten nicht geregelt hat, sind viele unterschiedliche Ausgestaltungen möglich. So ist beispielsweise auch die Einräumung von sonstigen Ansprüchen, beispielsweise auf einen bestimmten Zugang zu einer Community oder das Erwerben noch zu entwickelnder Produkte oder Dienstleistungen denkbar.
Die Auswirkungen und Verwendungsformen unterliegen der Gestaltungshoheit des Emittenten, also dem ausgebenden Unternehmen. So können Genussrechte eher dem Eigenkapital oder eher dem Fremdkapital zuzurechnen sein. Die verschiedene Optionen haben allesamt Vor- und Nachteile, die gegeneinander abgewogen werden sollten. Zudem müssen die vertraglichen Grundlagen sauber gestaltet sein, um nicht später diverse Überraschungen zu erleben.
In der Regel unterfallen tokenisierte Genussrechte dann nicht den Voraussetzungen des Gesetzes über das Kreditwesen und sonstigen verwandten Normen, wenn die Annahme der Investorengelder durch das ausgebende Unternehmen nicht als Einlagengeschäft und damit als ein Bankgeschäft einzuordnen ist. Es liegen dann auch keine „Kryptowerte“ nach § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 KWG vor, auch wenn die Optionen oftmals so oder so ähnlich bezeichnet werden und in Presse und bei Kollegen der Terminus Kryptowert für Token verwendet wird, die nach dem Gesetz gar keine Kryptowerte sind.
Genussrechte als Instrumente der Unternehmensfinanzierung sind eigentlich nichts Neues, denn selbst die im Handelsgesetzbuch geregelte „stille Beteiligung“ ist eine Art Genussrecht. Klassischerweise finden Genussrechte bei Einzelobjekten oder einzelnen Projekten Anwendung, denn die Risiken und Chancen einzelner Projekte sind einfacher darstellbar als ein vollständiger Businessplan. Jemand, der ein Genussrecht erwirbt, bekommt, anders als bei einer Aktie oder einem Gesellschafteranteil – kein Mitspracherecht bei gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen, sondern eben nur besagten rein schuldrechtlichen Anspruch gegen das ausgebende Unternehmen. Im Blockchain-Bereich kann dieser Anspruch dann durchaus auch über Smart-Contracts umgesetzt oder sichergestellt werden.
Genussrechte erleben derzeit durch sogenannte “Schwarmfinanzierungen” einen immensen Aufschwung und könnten in Verbindung mit der konsequenten Nutzung von Blockchain-Instrumenten bzw. Blockchaintechnologien vor allem junge Menschen interessieren, da diese dem Thema Krypto bzw. Blockchain oft offener gegenüber eingestellt sind. Über spezialisierte Anbieter können in sehr vereinfachter Weise Genussrechte ausgegeben werden, solange bestimmte Höchstbeträge pro Anleger nicht überschritten werden. Je nach Ausgestaltung ist es dabei auch relevant, welche Art von „Anlegern” bedient werden sollen. Institutionelle Anleger sollen nach dem Willen des Gesetzgebers weniger Schutz verdienen als private Anleger, die eventuell auch nur kleinere Beträge in ihr “Lieblingsprodukt” investieren wollen. Dies ermöglicht Startups jeder Größenordnung, Kapital von einem breiten Anlegerpublikum und mit einem überschaubaren Einsatz pro Anleger aufzunehmen. Unter Umständen ist es dabei auch möglich, anstatt einer Verzinsung für das Investment eine bestimmte Summe von etwa einer virtuellen Währung zu gewähren oder Produkte, die das Unternehmen verkauft zu übereignen. Wichtig ist nur, dass die Bedingungen, die Laufzeiten der Genussrechte und die sonstigen Modalitäten transparent dargestellt und sicher mit den “Anlegern” oder eben Kunden vereinbart werden. Auch hierfür gibt es aber Dienstleister, die dies sicherstellen können. Dieser Aspekt sollte nicht unterschätzt werden, denn neben Problemen aufsichtsrechtlicher Art, muss bei Anbieten von Genussrechten und/oder NFT natürlich auch das allgemeine Zivilrecht beachtet werden, sodass rechtssicher gestalte AGB und/oder sonstige Verträge essenziell sein können.
Auf einer Blockchain abgebildet bzw. gespeichert werden derartige Genussrechte meist als sog. Token, die nach vorher vereinbarten Bedingungen später als Zahlungsmethode für Dienstleistungen, als Stimmrechte in Ökosystemen oder als digitale Assets verwendet werden können.
Da die Begriffe, die juristischen Definitionen und die Ausgestaltung teilweise unterschiedlich genutzt werden und miteinander verschwimmen, ist die Definition als Genussrecht, Token, Asset, Unternehmensanleihe oder sonstige Finanzierungsmöglichkeit von der konkreten Ausgestaltung abhängig.
Wegen ihres digitalen Charakters sind Token jedoch vor allem auch für kleinteilige Investments geeignet, beispielsweise für Fans, Kunden, Lieferanten oder sonstige Beteiligte des Unternehmens. Es werden keine Papierunterlagen benötigt und je nach Anbieter sind sowohl die Geldeinzahlungen als auch Dinge wie die sichere Identifizierung der „Investoren, die Prüfungen der Geldwäschepräventionsmaßnahmen und weitere Aspekte voll digital und ohne Medienbruch abbildbar. Die Fans oder Unterstützer können sich auf diese Weise finanziell am Aufbau eines Esport-Teams, eines Startups, eines Dienstes, einer Community oder an sonstigen Konstruktionen beteiligen und beim finanziellen Erfolg von den eigenen Investments profitieren. Motivation kann hierbei neben einem überzeugenden Businessplan ein hoher emotionaler Bezug zum Projekt, zum Thema, das eigene Hobby oder die eigene politische Einstellung sein.
Im Detail
Technische Grundlagen
Die Basis für alle tokenisierten Rechte oder Funktionen bildet eine Blockchain. Für die meisten dieser Token wird dabei aktuell „Ethereum“ verwendet, oft als private, also nicht öffentlich zugängliche, Blockchain. Der technische Standard zur Implementierung eines Tokens auf dieser Blockchain wird “ERC20” genannt. In der Regel wird ferner auch eine aus dem Bitcoin-Bereich bekannte „Wallet“ benötigt, um die notwendigen Keys bzw. Zugangsdaten zu den Token zu speichern.
Utility Token
Utility Token dienen, wie es der Name es bereits andeutet, einem bestimmten Zweck und sind daher nicht nur ein reines Investmentvehikel, wie es insbesondere Security Token sind. Es sind keine Unternehmensbeteiligungen und somit keine Wertpapiere im engeren Sinne. Unter anderem deshalb wird diskutiert, ob es sich hierbei überhaupt um Genussrechte handelt. Eher kann ein solcher Token als Gutschein oder Tauschmittel klassifiziert werden, der beispielsweise gegen eine virtuelle Währung in Onlinespielen eingetauscht werden kann oder Zugang zu bestimmten Communitybereichen, Streams oder anderen Funktionen bietet. Natürlich könnten Utility-Token auch gegen vorher definierte Produkte in einem Onlineshop eingetauscht werden, weswegen diese sich grundsätzlich nicht anders Verhalten als klassische Gutscheine im nicht digitalen Wirtschaftsverkehr.
Umsatzsteuerrechtlich ist dabei vor allem relevant, ob der Utility-Token als sogenannter Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein einzustufen ist. Ein Mehrzweck-Gutschein liegt laut dem Bundesministerium für Finanzen dann vor, wenn der Ort, der leistende Unternehmer oder der Leistungsgegenstand und daher die geschuldete Umsatzsteuer bei der Ausgabe des Gutscheines noch nicht feststehen. Das ist unter anderem der Fall, wenn Gutscheine, die für eine festgelegte Leistung in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU oder für verschiedene Leistungen mit unterschiedlichen Steuersätzen eingelöst werden können.
Einzweckgutscheine liegen dagegen vor, wenn die Lieferung oder sonstige Leistung hinreichend konkretisiert ist, sodass der jeweilige Mitgliedsstaat sowie der auf die Leistung entfallende Steuersatz und somit die geschuldete Umsatzsteuer bei Ausgabe feststehen. Je nach Ausgestaltung des Utility Tokens wird daher die geschuldete Umsatzsteuer erst zum Zeitpunkt der Leistungserbringung oder sofort fällig.
Die Abgrenzung zu anderen Token und Investmentmöglichkeiten dabei wichtig, um beurteilen zu können, ob der Token aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Es ist daher notwendig, die konkreten Rechte, Inhalte und Bedingungen zu regeln, unter denen der Utility Token gekauft, genutzt und eventuell zurückgegeben werden kann. Regelmäßig wird das im Bereich ICO (Initial Coin Offerings) und bei Tokens mittels eines Whitepapers und/oder innerhalb eines Token-Sale-Agreements gemacht. Darin finden sich dann Informationen zum geplanten Geschäftszweck, zu den handelnden Personen und der technischen Ausgestaltung von Token. Diese Vereinbarungen müssen nicht die Anforderungen eines Prospektes (i.S. des KWG) erfüllen, da bei einem Utility Token der Zugang zu bestimmten Dienstleistungen oder technischen Funktionalitäten, also realwirtschaftlichen Dienstleistungen, im Vordergrund steht.
Bei solchen Vereinbarungen handelt es sich in aller Regel um AGB, weswegen AGB-Recht und die Einschränkungen, die das BGB bei der Nutzung von AGB auferlegt, Anwendung finden. Trotzdem gibt es bei Whitepaper und/oder Token-Sale-Agreements eine deutlich höhere Gestaltungsfreiheit bei Form und Inhalt als bei Prospekten, die Voraussetzung für sonstige Investmentvehikel sein können. Aus den oben genannten Erwägungen zur Ausgestaltung als AGB ist aber davon abzuraten, Whitepaper nur als PR-Maßnahme und Kommunikationsmittel zu nutzen, auch wenn selbst die BaFin als theoretische Aufsichtsbehörde einem Whitepaper diesen Zweck zuschreibt.
NFT (Non-Fungible Token)
Ein ebenso heißes Thema und durch hochpreisige Beispiele bekanntes Objekt sind NFT (Non-Fungible Token), die sich vor allem in der Entertainmentbranche aktuell durchsetzen und somit auch im Bereich Computerspiele oder im Esport relevant werden. Die Geschäftsmodelle rund um NFT entwickeln sich jedoch gerade erst und zahlreiche Rechtsfragen sind dadurch noch immer ungeklärt. Das Thema ist jedoch höchst spannend und bietet sehr lukrative Möglichkeiten zum einen Umsätze sicherzustellen und gleichzeitig eine hohe Kunden- oder Fanbindung zu ermöglichen.
Ein NFT ist eigentlich lediglich ein kryptografischer Token, von dem es jedoch nur ein einziges Original gibt, das nicht repliziert oder anderweitig geteilt werden kann, und somit nicht austauschbar ist. Die ID und die Metadaten eines NFT können nicht einfach reproduziert werden. Dies ist der große Unterschied zu einem Fungible Token wie Bitcoin, bei dem jeder Bitcoin immer denselben Wert hat, der jedoch nur einem anderen Inhaber zugeschrieben ist bzw. auf den ein anderer Inhaber Zugriff hat.
Ein NFT kann dabei ein Platzhalter für einen Gegenstand in der realen Welt fungieren aber auch für ein digitales Original stehen. So wurde unter anderem eine Videosequenz des NBA-Spielers LeBron James von der NBA verkauft und sind auch zahlreiche sonstige Anbieter von digitalen Grafiken, Videos oder einzigartigen Badges bereits “auf den Zug aufgesprungen”.
Ein im digitalen Bereich einzigartiges Merkmal eines NFT ist die Fähigkeit, es leicht von einem Besitzer zum anderen durch die zugrunde liegende Blockchain-Technologie übertragen zu können. Wenn ein Benutzer beispielsweise einen “In-Game”-Gegenstand oder einen anderen digitalen Vermögenswert erwirbt, ist es in der Regel schwierig, den Gegenstand zuzuordnen, zu handeln, zu übertragen oder anderweitig zu verkaufen; ein NFT löst dieses Problem über eine sichere Plattform, wie z. B. eine “Trust Wallet”. Der Vermögenswert des Inhabers kann auf verschiedenen Marktplätzen, aber natürlich auch auf einem System, das nur für das ursprünglich ausgebende Unternehmen gedacht ist, getauscht oder verkauft werden.
Mit dem Erfolg von NFTs in anderen Unterhaltungs- und Sportbereichen und mit dem Konzept von digitalen Gegenständen, das bereits in der Gaming-Welt verankert ist, sind diese digitalen Assets bestens für Wachstum und Expansion von Startups im Medien- und IT-Bereich geeignet, aber auch für sonstige Startups gibt es bereits zahlreiche Ideen weltweit zur Umsetzung.
Wie auch bei Utility Token kommt es bei NFT auf die konkrete Ausgestaltung an, um zu beurteilen, welche Rechtsqualität dieser hat. Während bei einem Utility Token oft der Vergleich zu Gutscheinen gezogen wird, da dem Token ein Wert zugeordnet wird, den der Käufer nach den Bedingungen des Verkaufes oder beim einzulösenden Unternehmen nutzen kann, wird bei einem NFT oft eher der Vergleich zu einem Kunstwerk gezogen. Zu beachten ist jedoch, dass die herrschende Meinung einem NFT sowohl die Qualität als Sache abspricht als auch ein Eigentumsrecht im Sinne des § 903 BGB verneint wird. Aus ähnlichen Grund „besitzt“ man juristisch auch keine Bitcoins und hat – juristisch gesehen – auch keine Rechte an Bitcoins. Krypto-Token und sonstige Blockchain-Erscheinungen sind nach der herrschenden Rechtsmeinung sonstige Rechte im Sinne des BGB und somit vergleichbar wohl zu Dingen wie Urheberrechte oder Markenrechten. Ein dem Eigentum des BGB ähnlicher Schutz von Token wird über eine analoge Anwendung des § 903 BGB zwar diskutiert, zumeist aber verneint.
Zu beachten ist jedoch, dass man wohl kein Urheberrecht selbst an einem Token innehat. Nur das im NFT verkörperte Kunstwerk kann urheberrechtlich geschützt sein. Das führt allerdings dazu, dass bei einem NFT zwischen dem Übergang von Eigentums-ähnlichen Verfügungsrechten am NFT und den eventuell bestehenden urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten an dem Werk unterschieden werden muss. Durch den Verkauf eines NFT erlangt der Käufer nämlich die urheberrechtlichen Verwertungsrechte an dem Werk, das durch den NFT verkörpert wird, grundsätzlich nicht. Diese Rechte müssen gesondert vereinbart werden, was eine Herausforderung bei der korrekten Erstellung von Verträgen oder AGB, die den Verkauf von NFT beinhalten, sein kann. Ähnlich wie beim sonstigen Verkauf digitaler Inhalte können ansonsten dem Käufer unangenehme Folgen drohen.
Security Token
Als Letztes soll ein kurzer Blick auf ein echtes Investmentvehikel geworfen werden, den Security Token, der zwingend an ein Wertpapier gebunden ist. Anstatt also einem Investor, einem Fan oder einem sonstigen Partner einen greifbaren Vorteil, wie den Zugang zu einem Ökosystem oder zu Streaming-Content, zu gewähren, repräsentiert ein Security-Token meist einen Anteil (mindestens aber einen spekulativen und monetären Vorteil) an dem Unternehmen, das den Token ausgibt. Investoren, die solche Token kaufen, hoffen direkt aus der Investition zu profitieren und Geld zu verdienen und gehen im Gegenzug ein finanzielles Risiko ein.
Da dieses aber regelmäßig einem höheren Aufwand bei der Aufsetzung, einem höheren Prüfungsbedarf bei den aufsichtsrechtlichen Fragen und somit höheren Kosten ausgesetzt ist, ist es für kleinere Startups eher nicht allzu einfach umsetzbar. Es gibt jedoch Plattformen, die Intermediäre für den Vertrieb derartiger oder ähnlicher Investmentmöglichkeiten einsetzen und das Anbieten an Investoren sodann, in begrenzten Umfang und bis zu einem niedrigen einstelligen Millionenbetrag, trotzdem ermöglichen.
Zusammenfassung
Das Zeitalter digitaler Finanzierungsmöglichkeiten ist definitiv angebrochen. Es gibt verschiedene Formen für jede erdenkbare Finanzierungsstrategie bzw. jedes Geschäftmodelles. Die Tokenisierung macht es möglich und erleichtert Zugang zu Investmentmöglichkeiten, die Abwicklung und verbindet diese Möglichkeiten mit cleveren Strategien zur Kundenbindung. Der Gesetzgeber hinkt aber wie so häufig hinterher, weshalb die juristischen Problemfelder umfangreich sind, vor allem in Bezug auf aufsichtsrechtliche und steuerrechtliche Fragen. Die Ausgabe und/oder die Verwendung von Token bzw. kryptografischen Genussrechten jeder Art passt jedoch perfekt in die “Digital Native”-Zielgruppe, die junge Medien-Startups häufig als Kunden bedienen.
Ich biete zu den grundsätzlichen Fragen eine kurz Erstberatung an, die bei Interesse zu einer einstündigen Erstberatung ausgebaut werden kann.
Einen ausführlicheren Beitrag mit Fokus auf Esport-Organisationen und mehr detaillierteren wissenschaftlichen Ausführungen findet man in der September-Ausgabe der SpoPrax (S. 252-257). Mehr zur SpoPrax finden Sie hier: https://spoprax.eu/. Sobald verfügbar, stelle ich hier einen Link zum Einzelerwerb des längeren Artikels zur Verfügung.