Marian Härtel
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Esports Europe: Ein Kommentar

Gerade erst wurde ein europäischer Dachverband im Esport gegründet. Dies soll mein Kommentar zu der Gründung und den Umständen sein.

Ich schreibe absichtlich nicht, dass gerade DER europäische Dachverband im Esport gründet wurde, denn die Gründung hat aktuell viele Wellen geschlagen und die meisten davon aufgrund des Problems, woher der Dachverband eigentlich seine Legitimation nimmt. Zwar wurde der Europäische Dachverband aus Verbänden gegründet, die in den einzelnen Nationalstaaten bereits existieren. Allerdings haben bereits diese oft selber ein Legitimationsproblem. So wurde beispielsweise der ESBD in Deutschland ziemlich unter der Hand gegründet und hat viele Mitglieder der Esport-Branche in Deutschland vor den Kopf gestoßen und vor allem außen vorgelassen.

Man muss jedoch dem ESBD und auch seinem Vorsitzenden Hans Jagnow jedoch grundsätzlich zu Gute halten, dass diese es überhaupt versuchen haben, den Esport zu vertreten und Strukturen aufzubauen und auch wenn die Kritik, oft nicht ganz unberechtigt, durchaus groß ist, so konnte es vor und auch ansonsten niemand besser machen.

Die Probleme

Damit es hört es meiner Meinung nach aber auch schon auf mit dem Lobeshymnen, denn der ESBD bleibt weiterhin nicht, auch von meiner Seite als Esport-Anwalt, ohne Kritik.

  • So hat es der ESBD, meiner Meinung nach, seit der Gründung vor ca. 2 Jahren versäumt, die Versäumnisse der fehlenden Legitimation zu heilen und wichtige Player mit an Board zu holen und in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Im Gegenteil. Man hat das Gefühl, als wenn der Verband, davon geprägt ist, den Bekanntheitsgrad und die Arbeit von einigen Einzelpersonen zu dienen und nicht der Esport-Branche als solches. Damit möchte ich keine einzelnen Personen diskreditieren oder überhaupt Absicht unterstellen. Die Versäumnisse bleiben je jedoch und führen jetzt zu einem Glaubwürdigkeitsproblem. Das ist eigentlich schade, denn die Esport-Branche als solches braucht eine Interessenvertretung. Ein Interessenvertretung muss jedoch stets so gestaltet sein, dass diese alle Player in der Branche vertritt und beispielsweise nicht nur eingetragene Vereine.

Dies hat zumindest der ESBD meiner Auffassung nach versäumt, zumindest aber ist die Außenkommunikation dahingehend mangelhaft.

  • Der ESBD hat es versäumt auf die wirklichen Bedürfnisse der Esport-Branche einzugehen. Weder hat dieser es bislang geschafft, regionalen Vereinen in irgend einer Art und Weise Rechtssicherheit zu geben, noch hat er es für Profi-Vereine, die kommerzielle Absichten haben, geschafft, Grundlagen zu bieten, die es diesen in Deutschland helfen auch nur im Ansatz bei der Weltspitze mitzuspielen und auf einen Talentpool aus den einzelnen Regionen zurückgreifen zu können.

Zwar hat der ESBD versucht viele Projekte, wie die Trainerausbildung, eine Turnierserie, eine Fachkonferenz und einiges mehr zu initiieren, es wurde jedoch gleichzeitig sehr viel politisches Kapital damit verbrannt, eine Anerkennung des Esport als Sport zu erreichen. Dieses wäre jedoch für die Rechtssicherheit von Vereinen gar nicht zwingend notwendig (siehe meinen Artikel hier) und ist für Profivereine absolut irrelevant.

Mit den bei mir auf dem Blog veröffentlichten Artikeln zum Thema Esport-Politik oder auch zum Gutachten des DOSB habe ich viel Lob erhalten, hinter den Kulissen wurde aber auch schon als „Nestbeschmutzer“ beschimpft. Obwohl ich im letzten Jahr eine zweistellige Zahl an Spielerverträgen für Teams konzipiert habe und auch ansonsten Beratungen durchgeführt habe, werde ich vom ESBD im Prinzip ignoriert. Eigentlich ist mir das egal, da ich weiß, dass meine Mandanten mir vertrauen und meine Arbeit schätzen. Man könnte jedoch der Meinung sein, dass dies auch ein Problem des fehlenden Fokus ist.

Und Esports Europe?

Ich bin mir aktuell noch unsicher, ob Esports Europe nicht eigentlich eine Totgeburt ist, da der Verband es nie schaffen wird, eine Legitimation zu erreichen, die eine gewisse Durchdringung in der Branche erreicht. Dafür sprechen bereits Umstände, wie dass auf der offiziellen Seiten, in der Mitte, die Logos von einem einzigen Turnieranbieter aufgenommen wird (von vielen weiteren Wettbewerbern) und sogar das Logo einer PR-Agentur prangert. Die Seite macht daher den Eindruck, als ob auch in Europa der Verband nur den Interessen einiger weniger dient als den Esport als solches. Damit ist der Verband genauso problematisch anzusehen, wie zahlreiche weitere weltweite Gründungen, in denen beispielsweise ein einziger Spieleanbieter wie Tencent den Vorsitz hat.

Hinzu kommt umgedreht, dass der Dachverband nicht nur wichtige Player aus dem Profibereich vermissen lässt, sondern vor allem auch keinerlei Hersteller als Mitglieder aufweisen kann. Wie der Verband sich mit dieser Aufstellung gegenüber der Politik rechtfertigen will, dass er die Branche vertritt, wird mir weiterhin schleierhaft bleiben. Ganz im Gegenteil, man könnte ihm sogar vorwerfen, dass dieser Interessen einiger weniger vertritt, beispielsweise nur der ESL als Gründungsmitglied. Dies wiederum halte ich als unheilbares politisches Gift.

Ein wenig Hoffnung habe ich jedoch, dass der erste Vorsitzende Hans Jagnow, mit dem ich an vielen Punkten nicht übereinstimme, dessen Engagement im Grundsatz ich aber schätze, doch noch den Sprung schafft, die gesamte Branche einzubeziehen und nicht nur eine Kopie des ESBD zu schaffen. Nur wenn alle Player der Industrie mit einbezogen werden (so diese denn wollen), Spieler, Profiteams, eingetragene Vereine, Agenturen, Spielehersteller Berater und dergleichen, wird sich die notwendige Legitimation jedoch herstellen lassen. Zumindest wird das sehr schwer sein.

Die Problem müssen gemeinsam und in großer Runde besprochen werden und es darf nicht weiter einen Alleingang einiger Einzelpersonen und einiger Führungspersonen aus regionalen Vereinen vorliegen. Nur auf diese Weise wird man auch Relevanz gegenüber der Politik herstellen können.

Zudem muss der Fokus verbessert werden. Dazu gehört, dass man sich von der schon fast dogmatischen Verfolgung des Sportgedanken verabschiedet und die wirklichen Probleme angeht. Ein Interessenverband der Esport-Industrie sollte eigene Ziele verfolgen und Strukturen aufbauen und nicht alte Strukturen versuchen digital nachzubauen. Das ist eigentlich zum Scheitern verurteilt. Das sieht man auch daran, dass kaum ein relevantes Ziel des ESBD bisher verwirklicht wurde. Das ist eigentlich schade, denn ich bin überzeugt, dass bei einer offenen Diskussion und einer ehrlichen Zusammenarbeit mit mehr Playern der Branche auch mehr hätte erreicht werden können. Allerdings, das muss man auch sagen, hätten dann vielleicht einige Einzelpersonen weniger Einfluss. Ob diese Einzelpersonen dies in Zukunft ändern, dürfte das Schicksal des ESBD und auch von Esports Europe entscheiden.

Fazit:

Ich berate Profiteams, aber auch kleinere Teams. Und oft ist diese Beratung auch nur bedingt wirtschaftlich für mich. Ich hoffe damit, jedoch – betriebswirtschaftliche und juristische – Strukturen in den Teams und bei den Gründern zu etablieren, die den Esport nachhaltig voranbringen. Gerne reiche ich auch dem Verband erneut die Hand. Vielleicht kann man das bisher erreichte so optimieren, dass die Esport-Branche insgesamt vorangebracht wird und nachhaltige Strukturen geschaffen werden.

Allerdings, und da mache ich keinen Hehl draus, bleibt nicht mehr viel Zeit. Denn wie man an dem Feedback aus der Branche sieht, ist wohl durch die ziemlich überraschende Gründung durchaus einiges an Porzellan zerbrochen und es ist aktuell unklar, wie viel hier noch zu reparieren ist.

Ich kann nur hoffen, dass aus dem Feedback sich eine Diskussion ergibt und – viel wichtiger – eine engere Zusammenarbeit. Die Esport-Branche sollte nämlich zusammen wachsen und sich weiter etablieren. Wenn wir uns zerfleischen, wird am Ende keiner gewinnen!

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Marian Härtel

Marian Härtel ist Rechtsanwalt und Unternehmer mit den Schwerpunkten Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und IT/IP Recht und einen Fokus auf Games, Esport, Medien und Blockchain.

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