Wie ich ja schon in verschiedensten Posts und auf meiner Infoseite geschrieben habe, sollten beim Erhalt von Abmahnungen im Wettbewerbs- oder im Urheberrecht grundsätzlich vier Regeln eingehalten werden:
- Die Abmahnung sollte stets ernst genommen werden. Einfach die Abmahnung mir kurz schicken.
- Zwar sollte man sich durch kurze Fristen nicht unter Druck setzen lassen, diese sind aber trotzdem zu beachten. Im Wettbewerbsrecht sind kurze Fristen meist zulässig und eine Missachtung kann teure einstweilige Verfügungen zur Folge haben.
- Die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung sollte keinesfalls, ohne dass ich diese vorab geprüft habe, unterschrieben werden. Selbst im Falle einer berechtigten Abmahnung können in der Unterlassungserklärung zahlreiche Fallen und Probleme lauern.
- Der Abmahner und auch die abmahnenden Kanzlei sollte nie vorab kontaktiert werden, weder per Telefon noch per E-Mail. Bitte auch keine Bettelanrufe oder ähnliches versuchen.
Die Frage, ob eine Abmahnung berechtigt ist, kann sehr kompliziert sein und es kann zahlreiche strategische und rechtliche Gründe geben, zumindest eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben. Beispielsweise um ein zukünftiges Prozessrisiko zu vermeiden. Genauso gut kann es aber auch sehr gute Gründe geben, eine Unterlassungserklärung NICHT abzugeben, obwohl der eigentliche Anspruch berechtigt ist. Den Grund dafür hatte ich erst letztens wieder in einer UWG-Sache auf einer Handelsplattform. Eine Unterlassungserklärung kann wirksam nämlich nur abgegeben werden, wenn man sich zu einer zukünftigen Vertragsstrafe verpflichtet. Diese entfaltet sehr lange Wirkung, im Zweifel unendlich lang, und kann bereits bei einem einzigen Verstoß fällig werden. Nach dem sogenannten “Neuen Hamburger Brauch” bestimmt die Höhe der Vertragsstrafe sodann der Gläubiger und das Wort angemessen in der Formulierung ist der Prototyp für einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Höhe kann daher schnell 4stellig oder gar 5stellig sein. Im Bestreitensfalle kann zwar das zuständige Landgericht zur Überprüfung angerufen werden. Das führt aber natürlich erneut zu Kosten, die der Schuldner zunächst tragen muss.
Auch im Falle eines Urteils gegen den Abgemahnten kann ein Verstoß gegen das Urteil natürlich zu Kosten führen, nämlich in Form von Ordnungsgeldern, die der Gläubiger beantragen kann. Gegen diese kann sich ein Schuldner jedoch über zwei Instanzen wehren, die sogenannte Verfolgungsverjährung ist viel kürzer (wenn der Gläubiger den erneuten Verstoß nicht gleich merkt) und während eine Vertragsstrafe an den potenziellen Wettbewerber zu zahlen wäre, kommt ein Ordnungsgeld – nur – der Staatskasse zu Gute.
Es gibt noch zahlreiche weitere Punkte, die abzuwägen sind und in aller Regel ist eine solche Abwägung einem juristischen Laien nicht möglich. Die Rechtsprechung und die Prozesstaktik im Wettbewerbsrecht und im Urheberrecht ist so groß, dass selbst die meisten Rechtsanwaltskollegen selten alles überblicken können.
Bekommt man eine Abmahnung, sollte also nicht am falschen Ende gespart werden; so wie ein ordentlich agierender Unternehmer grundsätzlich Budget für Rechtsberatung und Rechtsstreitigkeiten einplanen sollte. Alles andere wäre fahrlässig!